Man und frau sind sich grundsätzlich einig, wenigstens aber zu 62.9%. So hoch war der Anteil jener, die am 3. März 2013 zum verschärften Raumplanungsgesetz auf Bundesebene Ja gesagt haben – Ja zur Unterscheidung zwischen Baugebiet und Nichtbaugebiet, Ja zur „Siedlungsentwicklung nach innen“ und Ja zur Schaffung von „kompakten Siedlungen“. Denn das eine ist ohne das andere nicht zu haben, bei wachsender Bevölkerung und vor allem: einem Pro-Kopf-Siedlungsflächenverbrauch von mehr als 400 m2, den wir beanspruchen um zu wohnen, einzukaufen, herumzufahren, zu arbeiten und uns zu vergnügen. In der Umsetzung der hehren Ziele hapert es aber. Der Verein „Nachhaltige Siedlungsentwicklung“ sammelt nun Unterschriften für eine Volksinitiative, welche die Eindämmung der Zersiedelung unter Erweiterung von Art. 75 in die Bundesverfassung schreiben will, Bauzonen schliessen und dort kompakte Siedlungen bauen will, wo die Schweiz weder Dorf noch Stadt ist, nämlich in der Agglo. Bundesrat und Parlament würden sich weigern, wirksam gegen die Zersiedelung vorzugehen, schreibt das Initiativkomitee. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Die Einsicht, die einem bei der Ansicht verschandelter Landschaften – etwa bei einer Zugsfahrt durchs Wallis – ein Ja auf den Stimmzettel schreiben liess, verschwindet schnell, sobald es um einen persönlichen, uneigennützigen Beitrag an ein übergeordnetes und langfristiges Gesellschaftsziel geht. Da ist einem das eigene Hemd doch näher. Noch schnell ein Hüsli oder eine Eigentumswohnung mit Sicht ins mehr oder weniger Grüne kaufen, bei günstigem Boden, günstigen Hypotheken, günstiger Mobilität und gerne noch mit günstigen Steuern? Die anderen können sich ja einschränken, aber ich? Solange es noch Angebote im Regal gibt, wird zugelangt, ohne Rücksicht auf Verlust. Die Initianten und Initiantinnen irren somit. Das Problem ist nicht „Bundesbern“, sondern Sie und ich, die wir allzu gerne dann doch lieber das billige Hemd kaufen als das teure, fair produzierte. Darum: Unterschreiben Sie die Initiative und stimmen Sie bei einer allfälligen Abstimmung Ja – um vom Gesetz gezwungen zum Gemeinwohl beizutragen.

Fabienne Hoelzel

Kolumne „Innere Verdichtung“